Zu viel Wasser! Die Enttäuschung ist erst einmal da, als wir an diesem Montagmorgen Anfang September den Echinger Stausee besuchen. Doch sie ist ungerechtfertigt, wie sich schnell herausstellt. Es gibt zwar nur wenige Schlickstreifen im See, doch auf denen ist dafür ganz schön was los. Der Limikolenzug ist im vollen Gang. Wenn es ins Binnenland auch nur wenige Exemplare zieht, so lassen sich diese dafür umso besser beobachten und bestimmen. Und das ist jetzt im Herbst manchmal gar nicht so einfach. Ihr Prachtkleid haben die meisten Vögel abgelegt, dazu kommen die vielen Jungvögel, die sich auf ihrem ersten Zug in den Süden befinden.
Durchs Spektiv sehen wir viele Bekassinen, die mit ihren langen Schnäbeln im Schlamm nach Nahrung stochern, einen Dunklen Wasserläufer, eine Uferschnepfe, Sandregenpfeifer, Kampf-, Bruchwasser- und Flussuferläufer und sogar einen Sichelstrandläufer.
Sich ganz auf die Limikolen zu konzentrieren, fällt schwer, denn im Rücken des Beobachtungsturms ist eine eigene Show im Gang. Lautstark jagen sich dort die ganze Zeit vier junge Eisvögel. Am Rand der Schilfzone lässt sich dann auch noch eine junge Wasserralle sehen, die bald darauf von einem Tüpfelsumpfhuhn abgelöst wird. In der Luft über dem Wasser können wir einzelne Trauerseeschwalben ausmachen, zwischen ihnen jagen mehrmals zwei Baumfalken durch. Als wir wieder aufbrechen, sehen wir weiter hinten über dem Röhricht zwei weibchenfarbige Rohrweihen.
Das macht Appetit auf den nächsten Tag, an dem wir uns das Ammersee-Südufer vorgenommen haben. Doch morgens herrscht dichter Nebel, der sich erst gegen Mittag verzieht. So sehen wir anfangs schemenhaft nur einen Storch in der Wiese neben dem Parkplatz, der dann später auf einem nahen Flutlichtmasten Posten bezieht. Durchs Spektiv können wir den Nebel in seinen einzelnen Tröpfchen beobachten. So gehen wir zuerst auf dem rechten Damm der neuen Ammer Richtung Mündung und später dann flussaufwärts.
Streckenweise herrscht Funkstille, in manchen Bäumen aber konzentrieren sich die Singvögel: Viele Grauschnäpper, Fitisse, Zilpzalps, ein Schwarm Schwanzmeisen. Den Mücken hier macht der Nebel gar nichts aus, wie wir schmerzhaft spüren müssen. Immerhin locken sie auch Rauch-, Mehl- und Uferschwalben an, die vor ihrem Abflug jetzt erst einmal Gewicht zulegen müssen. Ein junger Mäusebussard bettelt so erbärmlich um Nahrung, dass ich seinen Ruf fast mit dem eines Schwarzmilans verwechsle.
Als die Sicht besser wird, versuchen wir unser Glück am kleinen Binnensee. Doch außer einem Seidenreiher (Foto: Juliette Kober, pixabay), einem Sandregenpfeifer und drei schlafenden Alpenstrandläufern ist dort zur Mittagszeit nicht viel los. Abends bin ich dann ganz erstaunt, als ich die Tagesliste nachzähle: 59 Arten – und das im Nebel.