Federvieh am Eisrand

„Was gibt’s hier zu sehen?“ fragen  mich zwei Spaziergängerinnen, die sich an diesem Tag auf die vereisten Dämme des Speichersees bei Ismaning gewagt haben. Als ich beginne, all die anwesenden Entenarten aufzuzählen, beschließen sie weiterzugehen nicht ohne den Kommentar, das  „ganze Federvieh“ könne man doch eh nicht auseinanderhalten. In der Tat ist es auch für einen Kenner nicht einfach,  die Masse von Wasservögeln genau zu bestimmen, die sich da an der  südwestlichen Ende des Ostbeckens einen windgeschützten Platz gesucht haben. Der Wind pfeift eiskalt aus nordwestlicher Richtung, die offene Wasserfläche schlägt kleine Wellen, so dass es schwer ist, die Vögel draußen zu bestimmen. Aber hier ist das Wasser ruhig und am Rand sogar zugefroren.

Diejenigen, die Wasservögel zählen, beneide ich nicht: Das Gros stellen Kolbenenten,  die meisten Männchen schon im farbenfrohen Prachtkleid mit dem roten Schnabel, dazu viele Reiher- und Tafel- enten, dazwischen Schnatter- und Stockenten. Die wenigen Krickenten verraten sich durch ihre Rufe, und auch die Pfeifenten sind schon zu hören, bevor ich sie sehe weiter draußen, wo das Wasser schon unruhig wird. Die vielen Schellenten sind zuverlässige Wintergäste auf diesem Gewässer. Auch einen Spießentenerpel entdecke ich. Gut möglich,  dass  sich in dem Entenpulk die eine oder andere Rarität –  Moor- oder Bergente – aufhält, entdecken kann ich sie nicht an diesem Tag.

Dann wird`s laut. Ein Hubschrauber hat die vielen Gänse aufgeschreckt, die auf den Äckern und Wiesen in Richtung Pliening geäst haben.  Es sind hauptsächlich Graugänse, die sich auch hier etabliert haben, doch mindestens 60 Blässgänse sind heute darunter.  Auch zwölf Rostgänse fliegen ein und lassen sich auf dem See – jeweils schon verpaart –  nieder.

Wie die anderen Vögel nutzen auch viele Gänsesäger – die Männchen im prachtvollen Schwarzweiß – den Jahresanfang zur Brautschau.  Unter ihnen schwimmt einsam ein Mittelsägermännchen, etwa kleiner und von der Färbung her nicht so auffällig. Fehlt nur noch der Zwergsäger, ebenfalls ein Wintergast. Doch der zeigt sich mir an diesem Tag nicht, obwohl das leuchtend weiße Männchen leicht auszumachen ist.  An der Stelle, wo ein einsamer Baum am betonierten Ufer steht,  schrecke ich einen Silberreiher auf, der hier seinen Stammplatz hat. Auch Graureiher ziehen übers Wasser, andere „Flugobjekte“ entgehen mir heute, weil ich beim Gehen genau auf  jeden Schritt aufpassen muss, um auf dem Eis nicht auszurutschen.

Als  ich wieder beim Auto bin, turnen zwei Schwanzmeisen durchs Gebüsch, die im vergangenen Jahr dort sogar ihr Nest gebaut haben. Und der zarte Ruf eines Wiesenpiepers aus der nahen Wiese verabschiedet mich.

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